September 22, 2023

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Grundlagen Wertpapiere: 6. Risikomanagement

Hauptrisiken von Wertpapieren:
Systematisches und
unsystematisches Risiko
Instrumente zum Risikomanagement:
Wissen,
Diversifizierung,
Wertsicherungsstrategien und
langfristiger Anlagehorizont

Da die Kurse von Wertpapieren schwanken, ist jegliche Anlage am Kapitalmarkt risikobehaftet. Kauft man Wertpapiere setzt man sich bzw. sein Geld diesen Schwankungen und damit auch dem Risiko von Kursrückgängen aus. Der Wert eines Wertpapiers kann jederzeit unter den Kaufpreis fallen, zu dem das Wertpapier erworben wurde, was das angelegte Kapital reduzieren und sogar zum Totalverlust führen kann. Man muss daher dazu in der Lage sein und bereit sein, dieses finanzielle Risiko zu verkraften. Hat man sich dazu entschieden, den Schritt zur Geldanlage mit Wertpapieren zu wagen, gibt es einige Instrumente mit diesen Risiken umzugehen, das sogenannte Risikomanagement.

1. Schritt: Grundwissen aufbauen

Die erste Maßnahme dabei ist, sich zu informieren, in was man überhaupt investiert. Das betrifft sowohl die Wertpapierart und deren Funktionsweise, als auch, wenn es sich um Aktien handelt, das dahinterstehende Unternehmen, bei Anleihen das Land oder Unternehmen und entsprechendes bei Rohstoffen oder Devisen. Nur wenn man versteht, mit was genau man es eigentlich zu tun hat, kann man eine fundierte Entscheidung treffen. Schon der einfache Schritt, dieses Grundwissen zu erwerben, kann helfen, Fehler zu vermeiden und wirkt so dem Risiko entgegen.

Durch die Anlage in Aktien oder Anleihen einzelner Unternehmen setzt man sich im Besonderen den Risiken, welchen diese Unternehmen unterliegen, aus. Diese können im Geschäftsmodell des Unternehmens begründet sein, das durch neue Wettbewerber, Ersatzprodukte, stärkeren Wettbewerb, Änderung der Nachfrage oder das Angebot der Zulieferer zerstört werden kann. Oder sie liegen in der Veränderung der politischen Rahmenbedingungen, wie z. B. neue Gesetze oder finanzielle Abgaben, die sich negativ auf das Unternehmen auswirken, begründet. Im einfachsten Fall sind es operative Risiken, die darin bestehen, das originäre Kerngeschäft fehlerfrei durchzuführen. Sie können durch Fehlentscheidungen des Managements, wie etwa falsche Produktpolitik oder schlechtes Kostenmanagement zum Tragen kommen, aber einfach auch durch Pech, wie zum Beispiel bei Havarien. Paradebeispiele, bei denen sich operative Risiken materialisieren, liefern gerade Volkswagen mit der Abgasaffäre und die Deutsche Bank mit einer Vielzahl von Vorfällen, wie die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten und der Skandal um die Zinsmanipulation.

Diversifizierung unternehmensspezifischer Risiken

Ein einfacher Weg, um diese unternehmensspezifischen oder unsystematischen Risiken zu managen ist die Risikostreuung oder Diversifizierung. Indem man nicht alles auf eine Karte setzt, und nur Aktien eines Unternehmens kauft, kann man diese Risiken verringern. Der optimale Effekt zur Senkung des Risikos tritt bei einer Verteilung des zu investierenden Kapitals auf 20 bis 30 Unternehmen, die verschiedenen Branchen zuzuordnen sein müssen, ein.

Die Überlegung dahinter ist leicht nachvollziehbar: Bei 20 Unternehmen werden bei einigen die Risiken eintreten und die Kurse dieser Unternehmen werden fallen. Bei den meisten wird es o.k. laufen, so dass sich deren Kurse mit dem „Markt“ entwickeln werden: Steigt dieser, steigen auch die Kurse der neutralen Unternehmen, sinkt der Markt, sinken auch die Kurse dieser Unternehmen mit. Und bei einigen wenigen wird es gute Ereignisse geben, so dass die Kurse durch die Decke gehen, und die Verluste bei den schwächeren Unternehmen ausgeglichen werden, idealerweise sogar mehr als das. Durch Investition in mehrere Unternehmen erhöht sich die Chance, dass man einen Treffer landet und auch Anteile an einem dieser „Börsenlieblinge“ hält.

Cost-Average-Effect
Ein weiteres Risiko stellt das Marktrisiko oder das systematische Risiko dar. Diesem unterliegen alle Unternehmen und somit Wertpapiere gleichermaßen. Es ergibt sich aus Änderungen an Preisniveau, Zinsniveau, aus Konjunkturrisiken, Länderrisiken, volkswirtschaftlichen Schocks, gesetzlichen Auswirkungen wie Verbraucherschutz, Steuern, aber auch Kriege, Naturkatastrophen, politischen Risiken, Umweltveränderungen, demografischen Entwicklungen oder technologischem Fortschritt. Da das Marktrisiko alle Wertpapiere gleich trifft, lässt es sich nur durch Wertsicherungsstrategien reduzieren. Im Wesentlichen geht es bei diesen darum, den richtigen Zeitpunkt für Kauf und Verkauf von Wertpapieren zu finden.

Und wenn das einfach wäre, dann wären alle Börsianer Millionäre. Wie findet man also die richtigen Zeitpunkte? Die ernüchternde Antwort ist: Gar nicht. Was also machen? Eine gute Vorgehensweise ist, für sich selbst Regeln festzulegen, wann man kauft, und wann verkauft wird. Ein Beispiel für ein solches Regelwerk wäre: Jeden Monat für den gleichen Betrag Wertpapiere kaufen und mit Übergang in den Ruhestand zu verkaufen.
Auf diese Weise wird eine Glättung des Kaufkurses erreicht, da man unabhängig von der jeweiligen Marktlage kauft. Kauft man beispielsweise jeden Monat das gleiche Wertpapier für 100 EUR, und der Preis beträgt 50 EUR, bekommt man 2 Stücke. Steigt der Preis auf 100 EUR, erwirbt man nur 1 Stück. Durch eine solche Regel folgt, dass man bei hohen Preisen wenig Stücke kauft, und bei niedrigeren mehr. Dieses Ergebnis wird Cost-Average-Effect (Durchschnittskosteneffekt) genannt. Klingt logisch. Wenn etwas billig ist, viel kaufen, wenn es teuer ist, wenig. Funktioniert wie bei Kaffeepulver im Angebot.

Banken bieten eine tolle Möglichkeit, um die Anwendung solcher Regeln zu erleichtern: Sparpläne. Bei diesen kann man festlegen, dass an einem bestimmten Tag in jedem Monat für einen festgelegten Betrag zuvor ausgewählte Wertpapiere automatisch erworben werden. So vergisst man es nicht und muss auch nicht jeden Monat eine Order aufgeben. Es gibt auch immer wieder Angebote, bei denen ETFs sogar völlig ohne Kosten für die Order im Rahmen eines solchen Sparplans erworben werden können.

Was den Verkaufszeitpunkt betrifft, gilt: „Je später umso besser“. Das wirkt im ersten Moment unlogisch, schließlich würde man ja am liebsten verkaufen, bevor die Kurse wieder fallen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass dieser Zeitpunkt genauso schwer zu bestimmen ist, wie der perfekte Einstiegszeitpunkt. Denn wenn man denkt, die Kurse sind so stark gestiegen, dass sie eigentlich nur noch fallen können, und steigt daher aus, ist es in Wirklichkeit genauso wahrscheinlich, dass sie weiter steigen. Ist man dann nicht mehr investiert, die Kurse fallen und man kommt zu der Überzeugung, der Markt hätte einen Boden erreicht und es ist Zeit einzusteigen, gilt ebenfalls, dass es genauso wahrscheinlich ist, dass die Aktien weiter fallen. Hinzu kommt, dass bei Kauf und Verkauf jeweils Gebühren anfallen, die die Rendite schmälern. Man muss sich damit abfinden, dass das optimale Timing an der Börse Wahrsagerei entspricht. Daher ist es am besten, das gar nicht erst zu versuchen, und bis vor dem Zeitpunkt, zu dem man das Geld braucht zu warten, um dann mit entsprechender Weitsicht einen guten Verkaufszeitpunkt zu finden. Diese Strategie wird als Buy-and-hold (Kaufen und Halten) bezeichnet.

Der Starinvestor Warren Buffett, der mit Aktien zu einem der reichsten Menschen der Welt geworden ist, geht sogar so weit zu sagen: „Verkaufen Sie nie“. Dass das keine schlechte Strategie ist, bestätigt auch das Deutsche Aktieninstitut mit Hilfe des Renditedreiecks. Denn hat man DAX-Aktien mindestens 15 Jahre gehalten, gibt es in der Zeit von 1966 bis 2016 interessanterweise keinen Zeitraum, in dem man Geld verloren hätte.
In der folgenden Grafik sind für frei wählbare Zeiträume zwischen 1966 und 2016 die Renditen pro Jahr dargestellt, die mit den Aktien des DAX erzielt werden konnten (vor Abzug von Ordergebühren und Steuern). Man liest sie so: rechts das Jahr wählen, an dessen Ende Aktien gekauft wurden. Von dort aus so weit nach links gehen, bis man das gewünschte Jahr zum Verkauf erreicht hat (siehe Zeitleiste unten).
Das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts

Quelle: Deutsches Aktieninstitut

Bei dem Beispiel in der Sprechblase bedeutet das: Hätte man 1995 1.000 EUR in einen thesaurierenden (wiederanlegenden) DAX-ETF investiert, und diesen 2010 verkauft, hätte man dafür jedes Jahr quasi fast (auch ein ETF hat Gebühren, wenn auch geringe) 7,8% Zinsen bekommen. Die 1.000 EUR wären so auf etwa 3.000 EUR angewachsen.

Stop-loss

Eine weitere, im Rahmen von Wertsicherungsstrategien sehr nützliche Funktion zum automatisierten Risikomanagement, stellt das Setzen eines Stop-Loss dar. Beim Stop-Loss legt man fest, welche Summe man mit einem Wertpapier maximal zu verlieren bereit ist. Angenommen ich kaufe für 1.000 EUR Daimler-Aktien für 70 EUR pro Stück (dann bekomme ich 14 Stück) und lege fest, dass ich damit maximal 250 EUR verlieren möchte. Sehen wir mal von Gebühren ab, dürfte der Daimler-Kurs dann maximal auf etwa 54 EUR fallen (750 EUR geteilt durch 14). Ich gebe daher bei meiner Bank eine Verkaufsorder für 54 EUR mit dem Zusatz „Stop-loss“ auf (die Onlinebanken haben auf ihrem Orderbildschirm ein Feld, wo das eingestellt werden kann). Für eine solche Order muss auch noch eine Zeit angegeben werden, für die diese Order gilt (da nehme ich immer maximal, was dann trotzdem nur drei Monate sind). Wenn in diesen drei Monaten der Kurs auf 54 EUR fällt, werden die 14 Daimler-Aktien automatisch verkauft. Fällt der Kurs nicht bis auf 54 EUR, passiert gar nichts. So bin ich nach unten abgesichert und nach oben ist alles offen.
Dasselbe kann ich bei Gewinnen machen. Angenommen der Kurs ist auf 90 EUR gestiegen. Jetzt kann ich meinen Stop-loss bei 80 EUR setzen und egal, was passiert, ich realisiere immer mindestens einen Gewinn von 140 EUR (14 x 10 EUR).

Zusammenfassung

Wertpapiere haben im Wesentlichen zwei Risiken
Das unternehmensspezifische (unsystematische) Risiko, das durch Risikostreuung (Kauf mehrerer verschiedener Wertpapiere) minimiert werden kann und
Das systematische Marktrisiko (allgemeine Schwankung „des Markts“), dem alle Wertpapiere gleichermaßen unterliegen.
Dem systematischen Risiko kann mit Wertsicherungsstrategien begegnet werden (Sparplan zur Erzielung des Durchschnittskosteneffekts; langfristiger Anlagehorizont zum Aussitzen von Verlusten gemäß Buy-and-hold; Stop-loss zur Begrenzung von Verlusten)